Hegnacher Minze

Minze

Anbau:

Pfefferminzen sind mehrjährig: Jedes Frühjahr treiben sie aus dem Wurzelstock neu aus. Vermehrt werden die Pflanzen durch Wurzelausläufer. In Hegnach wurde die Pfefferminze etwa 100 Jahre lang auf Feldern angebaut: Im Oktober und November wurden Furchen gezogen, 15 Zentimeter lange Wurzelstücke hineingelegt und mit Mist und Erde abgedeckt. Die Erde musste mit der Hacke gelockert und von Beikräutern befreit werden. Alle zwei Jahre wurden neue Felder angelegt.

Wuchs & Ernte:

Die Hegnacher Minze wird etwa 30 Zentimeter hoch; die vierkantigen Stängel sind grün bis rötlich. Die länglichen, oben zugespitzten Blätter haben einen gesägten Rand und werden bis zu fünf Zentimeter lang und 1 bis 1,5 Zentimeter breit. Ihre Oberseite ist dunkelgrün, die Unterseite etwas heller. Kurz vor der Blüte im Juni wurde in Hegnach geerntet, die Blätter abgezupft und getrocknet. Lässt man die Hegnacher Minze blühen, wächst sie bis zu 80 Zentimeter hoch.

Verwendung:

Für einen Pfefferminztee werden die getrockneten Blätter mit heißem Wasser aufgegossen; der Tee wurde in Hegnach meist mit Milch getrunken. Die Hegnacher Minze hat keinen hohen Gehalt an ätherischen Ölen: der Tee schmeckt deshalb angenehm mild und aromatisch.

Geschichte:

Vor Ort wurde sie „der Hegnamer Pfeffermenz“ genannt und – auch überregional – unter dem Namen „Württemberger“ verkauft: Die Hegnacher Minze. Angebaut wurde sie in Hegnach (der Ort gehört heute zu Waiblingen), vermutlich seit 1830; erste schriftliche Belege stammen aus dem Jahr 1859. Zwischen 1870 und 1940 bauten hier rund 80 landwirtschaftliche Betriebe und Privatleute auf bis zu 30 Hektar Pfefferminze im großen Stil an: Bis zu 300 Zentner getrocknete Pfefferminze produzierten die Hegnacher damals pro Jahr. Bei der Ernte im Juni und dem Abzupfen der Blätter war der ganze Ort beschäftigt, überall in den Gassen roch es dann nach Pfefferminze. Die Hegnacher Minze war hochwertige, „echte Blattware“ und der Tee wegen seines milden und wohlschmeckenden Aromas gefragt. Verkauft wurde privat, im Hausierhandel und größere Mengen an Apotheken, Drogerien und Großhändler. Ab 1930 wurde in Hegnach auch die Sorte „Mitcham“ kultiviert, die ertragreicher und leichter anzubauen war und die Hegnacher Pfefferminze verdrängte. Insgesamt ging der Hegnacher Pfefferminzanbau nach 1940 schnell zurück. „Im Jahre 2005 gab es noch 4 Familien, die Pfefferminze für den Hausgebrauch lieferten. Dabei handelte es sich meist um die Sorte Mitcham, der echte Hegnacher war kaum noch vorhanden“, schreibt Alfred Entenmann, ehemaliger Hegnacher Bürgermeister und Autor der Broschüre „Pfefferminze in Hegnach“. Dass es heute diese Informationen über die Hegnacher Pfefferminze gibt, ist der Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins zu verdanken: Der Arbeitskreis Ortsgeschichte hat Quellen und Erfahrungsberichte von Zeitzeugen zusammengetragen und 2007 die Broschüre über den Pfefferminzanbau im Ort veröffentlicht. Der ehemalige Ortsvorsteher von Hegnach, Markus Motschenbacher, hat dem Genbänkle Hegnacher Pfefferminzpflanzen aus sieben verschiedenen Herkünften übergeben. Dabei handelt es sich nachweislich um mindestens fünf genetisch verschiedene Unterarten bzw. Formen. Bis auf weiteres erhaltenen wir alle Genotypen und versuchen herauszufinden, welche der Hegnacher Minze am ehesten entsprechen.

Arbeitskreis Ortsgeschichte des Schwäbischen Albvereins - Ortsgruppe Hegnach (Hrsg.): Pfefferminze in Hegnach. Hegnacher Pfefferminze. Bericht über die Zeit des feldmäßigen Anbaues der Pfefferminze in Hegnach (etwa 1830-1980). O.O. Waiblingen 2007

Der Text „Sortenfund Hegnacher Minze“ von Werner Unseld (1952-2021), Soziologe, Kulturwissenschaftler, Gründungsmitglied und Schriftführer des Genbänkles, ist auf www.genbaenkle.de zu finden

Ordnung
Familie
Lamiaceae
Gattung
Mentha
Quellen
Weitere Informationen
Blogeintrag zur Hegnacher Minze
Sonstiges
  • Rarität
  • Nutz-/Zierpflanze

Zurück zur Sortenliste